
Mit diesem großen Echo hatten wir nicht gerechnet: Mehr als 100 Mühldorferinnen und Mühldorfer aller Altersgruppen (darunter auch einige Stadtratsmitglieder) kamen in den Saal des Restaurants Palermo, um unsere Vorschläge für sicheres Radfahren und ein fahrradfreundliches Mühldorf kennenzulernen und mit uns zu diskutieren.


Margit Seifert und Heidi Kückelhaus begrüßten die Gäste und stiegen gleich ein in die Präsentation. Ausgangspunkt war die Frage, warum bei uns bisher nur wenige Menschen mit dem Rad unterwegs sind, obwohl das Radeln für den Einzelnen und die Allgemeinheit viele Vorteile hat und die meisten Entfernungen in Mühldorf gut mit dem Rad zu bewältigen sind.

Als wesentlicher Grund kam heraus, dass sich selbst aktive Radler oftmals nicht sicher fühlen, was leider auch durch die Unfallstatistik bestätigt wird. Unfälle mit Personenschaden bei denen Radfahrende betroffen sind, ereignen sich überwiegend entlang weniger Hauptrouten und Brennpunkte. Die Bewertungen im Rahmen des ADFC-Fahrradklimatests (S. 22) zeigen: Mühldorf hinkt in Punkto Radverkehrsförderung anderen Orten – auch in Bayern – weit hinterher.
Diesen Herausforderungen stellten wir unsere positive Vision gegenüber:


Um diesem Ziel näherzukommen hat ein Team innerhalb unserer Bürgerinitiative in zweijähriger Arbeit ein „Wunschradwegenetz“ mit Haupt- und Nebenrouten und konkreten Verbesserungsvorschlägen entwickelt. Dieses Netz wurde in einzelnen Abschnitten von Margit Seifert vorgestellt. Dabei standen die unfallträchtigsten Hauptachsen und Brennpunkte im Vordergrund, mit besonderem Augenmerk auf dem Schülerverkehr.

So wurde für die stark frequentierte Innkanalkreuzung der Umbau zu einer „Geschützten Kreuzung“ nach niederländischem Modell vorgeschlagen, bei dem Auto-, Rad- und Fußverkehr klar getrennt werden. Ähnliche Ideen präsentierte das Team im Ansatz für die „Auerkreuzung“ südlich der Bahnlinie, wo täglich im Schul- und Berufsverkehr chaotische Zustände herrschen und bereits viele Unfälle passiert sind. Durch eine geänderte Verkehrsführung und getrennte Ampelschaltungen könnte man für alle Verkehrsteilnehmer eine klarere und sichere Regelung schaffen.
Ein weiterer interessanter Vorschlag betraf die Innbrücke: Hier stellte Margit ein detailliertes Konzept für die Schaffung eines Zweirichtungs-radwegs auf der Nordseite zwischen Giggenbachstachus und Altöttinger Straße vor. Durch Wegnahme einer Autospur könnte man Platz gewinnen für den Fuß- und Radverkehr und damit den Weg über die Brücke zum Sportgelände und Volksfestplatz erheblich sicherer machen, ohne den Autoverkehr wesentlich einzuschränken.
Auch für das Bahnhofsumfeld, die Altstadt und verschiedene andere Routen hat das Team detaillierte Vorschläge ausgearbeitet, wovon einige ohne großen Aufwand rasch umsetzbar sind, so zum Beispiel ein Weg aus der Altstadt zur Münchner Straße über den Altmühldorfer Weg. Durch Einrichtung von Fahrradstraßen (auf denen auch Autos verkehren dürfen) sowie durchgängige Markierungen soll der Radverkehr von gefährlichen Engpässen abgelenkt und gebündelt werden. Ebenso wurden die schon lange überfälligen Bahnunterführungen für Fußgänger und Radler an der Egglkofenstraße und am Leitenfeld angemahnt. Wo der Platz für gesonderte Fahrradwege fehlt, sollte vermehrt Tempo 30 angeordnet werden (bei einem Aufprall mit Tempo 50 besteht Lebensgefahr, bei Tempo 30 in der Regel nicht).
Ergänzend zum bestehenden Straßennetz schlägt das Team einen Fernradweg für Langstreckenradler vor, der entlang der ehemaligen B12 durchgehend bis Ehring verlaufen soll.
Wie soll es weitergehen? Wie können die Ideen umgesetzt werden? Um Mühldorf endlich fahrradfreundlicher zu machen, schlägt unsere Bürgerinitiative den Beitritt Mühldorfs zur Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern (AGFK) vor. Damit wäre ein systematisches Verfahren eingeleitet, um mit fachlicher Beratung ein Radverkehrskonzept und dessen schrittweise Umsetzung zu garantieren. Der Appell geht an den Stadtrat, dies baldmöglichst zu beschließen.

Das Publikum nahm die Vorschläge mit großer Zustimmung auf. In der von Mechthild Appold geleiteten Diskussion kamen viele Kommentare und weitere Vorschläge zur Sprache. Hier nur einige Beispiele: Mehrere Eltern beklagten, dass sie ihre Kinder wegen der Gefahren nicht selbständig – z.B. zum Freibad – fahren lassen können. Die Rücknahme der Fahrradspur am Giggenbachstachus (Brückenstraße) wurde allgemein bedauert. Ein Teilnehmer machte sich stark für eine Weiterführung des Radwegs stadtauswärts an der Mainstraße. Auch Rufe nach einer Wiederherstellung der verkehrsberuhigen Zone auf der Ledererstraße sowie nach einem autofreien Stadtplatz wurden laut und vom Publikum mit Beifall aufgenommen.
Auch einige der anwesenden Politiker, so Claudia Hungerhuber, Bürgermeisterkandidatin der SPD, UM-Stadtrat Dr. Wanka und Sophie Sontag-Lohmeier von der CSU, lobten unser Engagement.
„Kleine Veränderungen sind wichtig, bringen aber keine grundsätzliche Verbesserung“, meinte der Teilnehmer Andreas Krischke. Weil auf dem Ring um die Altstadt (z.B. Töginger/Ahamerstraße) kein Platz sei für sichere Fahrradwege, schlug er einen Einbahnverkehr für Autos gegen den Uhrzeigersinn um den Stadtkern vor. Dadurch entstehe für Kfz-Lenker nur wenig Zeitverlust, während Radfahrer in beiden Richtungen sicher unterwegs sein können.

Die Vorschläge wurden von Richard Rößler aufgenommen und notiert. Gerne stellen wir sie zur Verfügung, wenn die Stadt eine Verbesserung der Radverkehrssituation anstrebt.
Als praktische Idee schlug Lydia Kraft eine Exkursion in unsere neue Partnerstadt Salzburg vor, die in vieler Hinsicht – auch für die Gestaltung des Radverkehrs – als Vorbild dienen könne. Diesen Vorschlag werden wir sicher bald aufgreifen.
Schließlich wurden alle Anwesenden eingeladen, sich aktiv in unsere Bürgerinitiative einzubringen. Wir vertreten bekanntlich nicht nur die Anliegen von Radfahrern, sondern kümmern uns auch um Fußgänger, öffentlichen Nahverkehr und insgesamt ein zukunftsorientiertes Verkehrskonzept für Mühldorf. Der Treffpunkt ist jeden 1. Donnerstag im Monat um 19:30 im Café am Inn (Innauenstraße 4).
Zu später Stunde wurden die Teilnehmenden mit dem Appell verabschiedet, gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit auf die Beleuchtung ihrer Räder zu achten.
Hier geht’s zu unserer Präsentation.
Und hier seht Ihr ein Video mit Eindrücken während und nach der Veranstaltung
Das „MÜWURANE“(*)-Team bedankt sich für den großen Zuspruch!

(*) Mühldorfer Wundschradwegenetz